„Vielfalt an deutschen Hochschulen“: FernUni erhält Förderung

Über eine Initiative der Hochschulrektorenkonferenz wird die FernUniversität unterstützt, um ein diversitätssensibles Peer-Mentoring-Programm für mehrere Zielgruppen zu entwickeln.


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Mit der Förderung von 25.000 Euro – finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) – würdigt die Hochschulrektorenkonferenz (HRK), dass sich die FernUniversität für Chancengerechtigkeit engagiert.

„Chancengerechtigkeit ist für die FernUniversität seit ihrer Gründung ein zentrales Ziel, auf das wir kontinuierlich und aktiv in allen Bereichen der Hochschule hinwirken“, sagt FernUni-Rektorin Prof. Ada Pellert als Vorsitzende der Gleichstellungskommission. „Durch die HRK und das BMBF fühlen wir uns ermutigt, den eingeschlagenen Weg zu einer ,Hochschule für alle‘ konsequent weiter zu gehen. Wir sehen in der Initiative die Chance, unseren stetigen hochschulweiten Dialog- und Lernprozess über Diversität weiter voranzutreiben.“

Bewusst und wertschätzend

Mit dem Fördergeld wird ein diversitätssensibles Peer-Mentoring-Programm aufgesetzt. Es soll besonders dabei unterstützen, die Rahmenbedingungen an der FernUniversität durch einen bewussten und wertschätzenden Umgang mit Vielfalt so zu gestalten, dass möglichst alle Studierenden erfolgreich ihr Studium abschließen können. Konkret sollen sich Studierende, die beruflich, familiär, sozial oder auch gesundheitlich eingeschränkt sind, miteinander vernetzen, sich über ihre Studienerfahrungen austauschen und den Umgang mit Benachteiligungen reflektieren.

„Die Teilnahme an der Initiative bietet uns als FernUniversität die Möglichkeit, dass wir uns mit anderen Hochschulen über Diversität austauschen und neue Impulse bekommen können. Gleichzeitig sind wir als FernUniversität Impulsgeberin für andere und teilen unsere Erfahrungen“, freut sich Dr. Meike Hilgemann als Leiterin des Referats für Chancengerechtigkeit an der FernUniversität.

Die FernUniversität hat mit rund 72.000 Studierenden eine sehr heterogene Studierendenschaft: mit vielfältigen Lebenswegen, unterschiedlichen Bildungshintergründen, Berufserfahrungen und unterschiedlichen Bildungszielen. Das macht es immer wieder erforderlich, neue Blickwinkel einzunehmen und in der Organisation des Studiums und der konkreten Gestaltung der Lehre flexibel handeln zu können. Ziel ist es, langfristig und nachhaltig ein Umfeld zu schaffen, in dem die vielfältigen Lebensrealitäten noch stärker berücksichtigt werden.


Interview: „Das Studium für alle ermöglichen“

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Anna Haase

Die Themen Diversität, Inklusion, Gleichstellung und Antidiskriminierung haben an der FernUniversität eine lange Tradition und sind als Querschnittsaufgaben von Lehre, Forschung und Verwaltung festgeschrieben. In 2021 hat die FernUniversität das Referat Chancengerechtigkeit gegründet. Anna Haase ist dort als Projektkoordinatorin für das diversitätssensible Peer-Mentoring-Programm im Rahmen der Initiative „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ zuständig. Im Interview berichtet sie über Hintergründe, Maßnahmen und Ziele.

FernUniversität: Ist das Thema Vielfalt an der FernUni nicht ein Selbstläufer, der keine Förderung braucht? Wir haben doch die bunteste Studierendenschaft von allen Hochschulen in Deutschland.

Anna Haase: Gerade weil wir die Hochschule sind, die ein Studium für alle anbietet, haben wir einen Antrag an die HRK eingereicht. Nun freuen wir uns natürlich, dabei zu sein. Das stärkt die Sichtbarkeit der Vielfalt an der FernUni auch nach außen.

Es gibt ja bereits ein Peer-Mentoring-Programm für Studierende mit Einschränkungen. Wie hängen die beiden Konzepte zusammen?

Anna Haase: Das Peer-Mentoring-Programm für Studierende mit Behinderung und/oder chronischer Erkrankung wird nun vom Referat Chancengerechtigkeit koordiniert und dient als ein Referenzrahmen für die weiteren Programmlinien. Das Peer-Mentoring hilft enorm, um Studierenden vor allem den Start ins Studium zu erleichtern. Daran knüpfen wir an, passen das bisherige Konzept an – und weiten das neue Programm vor allem auf andere Studierendengruppen aus. Sie können sich auf Augenhöhe über ihre Erfahrungen austauschen, bekommen beispielweise direkt Ansprechpersonen an der FernUni genannt – und müssen sich insgesamt nicht allein ,durchbeißen‘. Ein Fernstudium kann durchaus zu Vereinzelung führen. Dem möchten wir entgegen wirken. Wir haben zunächst Zielgruppen definiert, aber vielleicht gibt es noch ganz andere. Das wird sich im Prozess herausstellen.

Welche Zielgruppen sind das?

Wir nehmen Studierende mit Kindern oder anderen Sorge-Verpflichtungen in den Blick, Studentinnen aus Studiengängen, in den Frauen unterrepräsentiert sind, Erstakademiker:innen oder auch Studierende mit einem alternativen Hochschulzugang – also beruflich Qualifizierte. Oftmals haben diese Gruppen weniger Zeit für das Studium aufgrund weiterer Verpflichtungen durch Care-Arbeit oder den Beruf. Die Betreuung der Angehörigen muss parallel zum Studium erfolgen. Studierenden der ersten Generation fällt es mitunter schwerer, sich sozial und kulturell an der Hochschule zu integrieren. Das Peer-Mentoring soll die Studierenden selbst im Sinne eines Empowerments stärken und sie darin fördern, eigene Stärken zu entdecken und Ressourcen für ihren Hochschulalltag zu mobilisieren. Für uns als FernUniversität sind die Bedarfe der Studierenden zentrale Marker, um Barrieren und Ungleichheiten im Studium abzubauen.

Zur Person

Anna Haase (Jahrgang 1988) hat Psychologie in Marburg studiert. 2014 kam sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Lehrgebiet Community Psychology an die FernUniversität. Von dort wechselte sie im April 2023 ins Referat Chancengerechtigkeit. Ihre Themen sind insbesondere kulturelle Diversität und Integrationsprozesse.

Welche Maßnahmen sind geplant?

Wir haben verschiedene Veranstaltungsformate vorgesehen, um mit den unterschiedlichen Studierendengruppen und Hochschulangehörigen ins Gespräch zu kommen und Bedarfe im Hinblick auf das Peer-Mentoring zu klären. Hierfür kooperieren wir auch mit den Campusstandorten. Nach außen kooperieren wir mit externen Beratungsstellen, zum Beispiel mit ArbeiterKind. Diese Initiative kümmert sich besonders um Erstakademiker:innen.

Welche Impulse sollen an der FernUni von dem Programm ausgehen?

Wir möchten gern die FernUni ganzheitlich einbinden zum Thema Vielfalt, das ja ohnehin eine Querschnittsaufgabe an der Hochschule ist. Es soll ein breites Bewusstsein bei allen dafür geschaffen werden, mit welchen Hürden Studierende beim Zugang zum Fernstudium zu kämpfen haben. Langfristig soll im Zusammenspiel mit den Studierenden strukturell was verändert werden. Im Wintersemester 2024/25 soll das Peer-Mentoring-Programm starten. Es wird stetig evaluiert und weiterentwickelt, um es nachhaltig an der Hochschule als Angebot zu verankern und um es als festen Teil der Chancengerechtigkeitsstrategie der FernUniversität zu etablieren. Wir könnten uns auch vorstellen, das Peer-Mentoring-Programm ab 2024 wissenschaftlich durch Forschende der Hochschule begleiten zu lassen.


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Anja Wetter | 09.06.2023