Alexandra Föster

Zweite Karriere neben dem Leistungssport

Foto: ITH Schraubtechnik
Alexandra Föster trainiert hart, um bei den Olympischen Spielen in Paris 2024 für Deutschland im Einer zu starten.

Alexandra Föster wählt sich zu Hause in Meschede in die Videokonferenz ein. Die 22-jährige Ruderin und Informatikstudentin der FernUniversität in Hagen ist gerade zurück von einem Trainingslager mit der Nationalmannschaft in Portugal. Die Wintermonate ohne Regatten mag die Sauerländerin nicht besonders. Sie ist mehr der Wettkampftyp, zumal die vielen Trainingskilometer auf dem Ergometer und dem kalten Hennesee kein Vergnügen sind. „Da muss ich auf die Zähne beißen“, freut sie sich auf den Start der Regatten nach Ostern.

Ablenkung für den Kopf ist da genau das Richtige zum Abschalten für eins der größten Rudertalente Deutschlands. Eigentlich wollte sich Alexandra Föster nach ihrem Bachelor-Abschluss in Elektrotechnik an der Fachhochschule Südwestfalen eine Zeit lang auf ihre Sportkarriere konzentrieren. Aber sie merkte schnell: Da fehlt etwas für den Kopf und schrieb sich an der FernUniversität ein. Nach zwei Semestern im Bachelor Mathematisch-technische Softwareentwicklung hat die Sportlerin nun mit der praktischen Informatik das richtige Fach für sich gefunden. „Programmieren ist mein Hobby und macht mir Spaß“, sagt sie.

Informatik als Erholung

Mathe, Physik und Informatik waren schon in der Schulzeit ihr Ding. An der FernUni stößt Alexandra Föster nun zum ersten Mal an ihre Grenzen und ist überrascht vom hohen Niveau der mathematischen Kurse. „Dass ich Aufgaben mal nicht lösen kann oder länger knobeln muss, das kannte ich bisher nicht“, berichtet sie. „Ich brauche die kognitive Herausforderung als Gegenpol zum Sport. Das ist auch eine Art von Erholung.“

Im Winter hat sie mehr Zeit fürs Studium als in der Wettkampfsaison und lernt flexibel mit den Studienbriefen: „Das liegt mir. Mit dem Fernstudium in Teilzeit habe ich den richtigen Weg gefunden.“ Bei 18 bis 30 Stunden Training pro Woche nutzt sie die Lücken zwischen zwei Einheiten oder nimmt die Studienbriefe mit ins Trainingslager. Beim Lernen ist sie in erster Linie Einzelkämpferin, genau wie im Ruderboot. Denn für die Olympia-Saison 2024 hat sie sich auf den Einer festgelegt. In dieser Bootsklasse sicherte sie im vergangenen Jahr bereits bei der WM in Belgrad den Startplatz für Deutschland für die Sommerspiele in Paris. Zudem ermöglicht ihr der Start im Einer, sich zu Hause in Meschede auf dem Hennesee individuell mit ihrem Heimtrainer Sebastian Kleinsorgen vorzubereiten. Kleinsorgen und Föster sind seit mehr als einem Jahrzehnt ein eingespieltes Team und wohnen fast nebeneinander. „Damals hat er mich auf einem Nachbarschaftsfest überredet, das Rudern auszuprobieren“, schmunzelt Föster. „Ich bin dabei geblieben.“ Zunächst, weil die Jugend im Ruderclub Meschede sehr aktiv und erfolgreich war. Aktuell, weil sie sich mit 22 Jahren bereits in der internationalen Spitze bei den Frauen etabliert hat und jeder Erfolg sie weiter motiviert.

Foto: Lea Müller
Training bei Wind und Wetter auf dem Hennesee: Im Winter beißt Alexandra Föster auf die Zähne.

Olympia als Karrierehöhepunkt

Alexandra Föster hat die wichtigsten Nachwuchspreise im deutschen Sport gewonnen. Mit 17 Jahren wurde sie Junioren-Weltmeisterin und anschließend zur Juniorsportlerin des Jahres 2019 des Deutschen Olympischen Sportbunds gewählt. 2021 gewann sie als U23-Weltmeisterin das Bürgervoting in NRW, das ihr den Felix Newcomer Award einbrachte. Fast wäre sie bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gelandet. Eine Corona-Infektion verhinderte das. Ein Jahr später gewann sie Bronze bei der EM und ihren ersten Weltcup. Olympia in Paris 2024 wäre der Höhepunkt ihrer Karriere. „Ich bin guter Dinge, dabei zu sein. Aber sicher ist noch gar nichts“, sagt sie vor dem nationalen Vorentscheid im Frühjahr in Hamburg.

Trotz ihrer Erfolge hält Alexandra Föster ein zweites Standbein schon jetzt für unverzichtbar. „Als Ruderin wird man nicht reich“, sagt sie. „Ich baue mir daher frühzeitig eine zweite Karriere auf.“ Ihre berufliche Zukunft sieht sie in der Informatik. Der Master-Abschluss an der FernUni ist fest eingeplant, zumal sie im Studium ähnlich ehrgeizig wie im Sport ist. Zunächst aber soll das Rudern die Nummer eins bleiben, solange ihr Körper mitmacht. Denn wie schnell der Leistungssport vorbei sein kann, weiß sie aus eigener Erfahrung. Die vergangene Saison lief nicht rund. Die Bandscheibe machte ihr zu schaffen. „Ich hoffe daher vor allem, gesund zu bleiben“, blickt sie in die Zukunft. Mit dem Fernstudium hat sie ihren persönlichen Plan B in der Tasche. Der macht den Kopf frei im Olympia-Jahr.

Stand: Februar 2024

Carolin Annemüller | 20.03.2024